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Ophelia’s Got Talent

von Florentina Holzinger

 

Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz 

„Übergieße dich mit Wasser: so sollst du dem Universum ein Brunnen sein.” (Kenneth Anger)

 

In der Dämmerung des ‘Age of Aquarius’, einer Zeit, in der sich ein Shift von technologischen Innovationen hin zu humanitären Anliegen und kollektiver Verantwortung vollzieht, steigen die Geschichten der Erbinnen Ophelias unvermeidlich an die Wasseroberfläche empor, um dort, ausgebreitet wie ein Teppich aus Algen, ihre Abgründe zu verbergen.

 

Auf dem nassen Terrain der Bühne wird das Ophelia-Sein trainiert: die Verkörperung der sie umgebenden Gesetzmäßigkeiten und die bewusste Befriedigung fremder Phantasien sind Teil eines ambivalenten Spiels, dessen Meisterin sie ist. Die Narrative ihrer Vorfahren Leda, Melusine, Undine, der Nymphen, Nereiden oder Sirenen sind es, die immer noch die heutigen Biografien prägen. Als exzellente Tänzerinnen, die die Musik lieben und Menschen ins Wasser locken, in die Tiefe zwingen und sie dort in den Spiegel der Venus blicken lassen, bleibt doch der wahre Ort ihrer Bedeutung im Dunkeln, untergegangen und auf den Grund gesunken. Und nur der Fäulnisprozess treibt ihre Körper an die Oberfläche, wo sie treiben, bis man sie findet, oder sie zerfallen, Eins geworden mit der Natur.

 

Wasser ist das Element der Anpassung und gleichzeitig Sinnbild seiner Fähigkeit zur Ausdehnung, einer endlosen, ewigen, unauflösbaren Einheit mit der Außenwelt.

Weiblichkeit wurde ikonografisch häufig mit Wasser in Verbindung gebracht. Und mit dem Tod: Stehend am wellenlosen Teich ist es synonym für die Domestizierung der weiblichen Subjektivität, Schaum auf dem Meer das Ergebnis ihrer Auflösung, ein Fischschwanz das Bild ihrer aberkannten Sexualität.

 

In einer ozeanischen Landschaft voll kulturgeschichtlicher Referenzen zu Wasserwesen und ertrunkenen Unbekannten geht es nicht nur darum, wie man den prekären Umständen einer von klimakatastrophalen Szenarien geprägten Gegenwart durch Training entkommen kann, sondern auch um die Spekulation auf neue Lebensformen, die diese Umstände in sich aufgenommen, verwandelt, zu neuen Wesen machen.

 

Fluktuation, Reflexion, Reproduktion, Heilung und Gewalt: in Florentina Holzingers neuer Arbeit an der Volksbühne vollzieht das multidisziplinäre Ensemble aus mehreren Generationen eine physische Studie zur Psychologie des Wassers im 21. Jahrhundert.


KreAtivteam

Konzept & Regie

Florentina Holzinger

 

Sounddesign

Stefan Schneider

 

Musik

Paige A. Flash

Urška Preis

Stefan Schneider

 

Bühne

Nikola Knežević

 

Lichtdesign

Anne Meeussen

 

Videodesign

Melody Alia

Jens Crull

Max Heesen

 

Live-Kamera

Melody Alia

 

Live-Schnitt

Max Heesen

 

Dramaturgie

Renée Copraij

Sara Ostertag

Fernando Belfiore

Michele Rizzo

 

Dramaturgie Volksbühne 

Johanna Kobusch

 

Produktionsmanagement

Dana Tucker

 

Management & International Distribution Something Great

Katharina Wallisch

Besetzung

Mit 

Melody Alia, Saioa Alvarez Ruiz, Inga Busch, Renée Copraij, Sophie Duncan, Fibi Eyewalker, Princess Tweedle Needle, Paige A. Flash, Florentina Holzinger, Annina Machaz, Xana Novais, Netti Nüganen, Urška Preis, Zora Schemm

 

und

Stella Adriana Bergmann, Greta Grip, Golda Kaden, Izzy Kleiner, Lea Schünemann, Nike Strunk, Laila Yoalli Waschke, Zoë Willens



Fotos im Hintergrund: Marcus Dallüge, (c) 2023