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Kindheitsarchive

von Caroline Guiela Nguyen

Aus dem Französischen von Uli Menke

 

Schaubühne am Lehniner Platz 

Ein Tisch, pastellfarbene Tapeten, eine Spielecke für Kinder. Dahinter Regale, voll mit Archivordnern. Wir befinden uns in einem »lnternationalen Büro für Kindheit«, einem erfundenen Ort, den sich die französisch-vietnamesische Autorin und Regisseurin Caroline Guiela Nguyen ausgedacht hat, nachdem sie für viele Monate in Jugendämtern und Behörden zum Thema Auslandsadoption recherchiert und Menschen getroffen hat, die dort arbeiten oder selbst adoptiert wurden. 

An diesem Ort kreuzen sich unterschiedliche Lebenswege: Eine Mutter lernt nach langen Jahren des Wartens endlich den Jungen kennen, der ihr Sohn werden soll. Er ist sieben Jahre alt und kommt aus Vietnam. Ein junges Mädchen im Teenageralter begibt sich auf die Suche nach seinen Wurzeln. Eine Großmutter sorgt sich um die Zukunft ihres Enkels. Sie treffen auf die Geschichten der Frauen, die dieses Büro am Leben erhalten, immer mit dem Bewusstsein der eigenen Zweifel und Fragen, der eigenen großen Verantwortung: Wie entscheidet man, wer es verdient, Eltern zu werden? Dass es wirklich das beste ist, ein Kind von seinen Wurzeln zu entfernen? Das Richtige tun zu wollen, bedeutet nicht, dass man nicht auch falsch liegen kann. Von Kamerun bis Vietnam, von Russland bis Deutschland: Caroline Guiela Nguyen hinterfragt auch eine bestimmte Weltsicht, unsere Beziehung zu anderen Kulturen, anderen Menschen und zur Familie. 

 

Seit mehreren Jahren werden Auslandsadoptionen aufgrund von Missbräuchen durch mehrere Organisationen in der ganzen Welt, aber auch aufgrund der Tatsache, dass sich erwachsene Adoptierte zu Wort gemeldet haben, immer stärker reglementiert. Das Kindeswohl und das Subsidiaritätsprinzip müssen bei jeder Entscheidung im Zentrum stehen. Ein Kind darf nur dann zur Adoption ins Ausland vermittelt werden, wenn sich keine Adoptiveltern im eigenen Land finden. Doch diese Vorsichtsmaßnahme löst leider nicht alle anderen Fragen, die Adoptionen aus dem Ausland aufwerfen: Wie soll man mit zwei verschiedenen Vornamen, mit unterschiedlichen Herkunftsgeschichten heranwachsen und sich eine Identität entwickeln? Wie schafft man es, aufzuwachsen ohne das Gefühl, gnädigerweise gerettet worden zu sein, eine ewige Schuld abtragen zu müssen? 

Caroline Guiela Nguyen und ihre Kompanie Les Hommes Approximatifs entwickeln zum ersten Mal eine Inszenierung mit Schauspielerinnen aus dem Ensemble der Schaubühne.


TRAILER

► Quelle: YouTube 


KREATIVTEAM

Autorin/Regie

Caroline Guiela Nguyen 

 

Bühne

Alice Duchange 

 

Kostüme

Benjamin Moreau 

 

Video

Jérémie Scheidler 

 

Musik

Antoine Richard 

 

Dramaturgie

Nils Haarmann 

 

Licht

Jérémie Papin

BESETZUNG

Veronika Bachfischer

İlknur Bahadır

Stephanie Eidt

Ruth Rosenfeld

Alina Vimbai Strähler

Irina Usov



Fotos im Hintergrund: Marcus Dallüge, (c) 2022