· 

Club Amour

Café Müller / Aatt enen tionon / herses, duo

Tanztheater Wuppertal Pina Bausch & Terrain Boris Charmatz 

 

Haus der Berliner Festspiele 

„Club Amour“ macht die in einer Tanzkompanie akkumulierte Geschichte von Körpern sichtbar. Boris Charmatz, der neue künstlerische Leiter des Tanztheater Wuppertal Pina Bausch, präsentiert seinen kreativen Umgang mit dem tänzerischen Erbe, seinen Glauben an das Kollektiv sowie die Kraft des Körpers als Medium der Erinnerung.

 

„Das Wort „Repertoire“ beginnt mit der Silbe „Re“. Repertoire – das bedeutet Wiederholung, Rekursion und Wiederkehr. Für die kulturelle Erinnerung sind sowohl Archive zur Aufbewahrung von Geschichte in materieller Form als auch regelmäßige Wiederaufführungen erforderlich. Ohne äußere Reize entstehen keine lebendigen Erinnerungen.“

Marietta Piekenbrock, January 2023

 

Boris Charmatz, der neue künstlerische Leiter des Tanztheater Wuppertal Pina Bausch, gestaltet unter dem Titel „Club Amour“ einen Abend mit einer Komposition aus drei Werken – dem Stück „Café Müller“ von Pina Bausch sowie zwei von ihm selbst choreografierten Arbeiten. Alle drei Stücke berühren Themen wie Begehren, Sexualität, Nacktheit, Intimität, Sehnsucht und Versagen: In „Aatt enen tionon“ (1996) interpretieren drei Tänzer, die allein und ohne Hilfe in verschiedenen Räumen eines dreistöckigen Gerüstturms eingeschlossen sind, halbnackt die präzise Choreografie. „herses, duo“ ist ein Auszug aus dem Stück „herses (une lente introduction)“ (1997), das „Utopien der Vereinigung“ auf direkte Weise zum Ausdruck bringt. In „Café Müller“ (1978), einem Meisterwerk von Pina Bausch, wird Henry Purcells „Remember me“ gespielt. Hier steht das symbolische Bühnenbild der Drehtür sinnbildlich für Wiederholung und Wiederkehr.

 

Pina Bausch, die 1973 als Leiterin der Ballettsparte nach Wuppertal kam, gab dem Wuppertaler Ballett den neuen Namen Tanztheater. Ihre Idee, Tanz und Theater zu fusionieren, revolutionierte den Tanz und machte sie zur Ikone eines neuen Stils des Ausdruckstanzes. Sie wurde mit zahlreichen internationalen Preisen ausgezeichnet, das Repertoire dieses Tanzensembles wurde weltberühmt, und seine Stücke werden auch heute noch überall in der Welt aufgeführt. 

Das Tanztheater Wuppertal Pina Bausch hat die Geschichte des Tanzes geprägt und feiert 2023 sein 50-jähriges Bestehen. Seit der Spielzeit 2022/23 stellt sich der französische Tänzer und Choreograf Boris Charmatz (*1973) dieser großen Herausforderung. Als Leiter der Kompanie ist er dabei, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Sowohl Pina Bausch und das Tanztheater Wuppertal als auch Boris Charmatz waren mehrfach an den Berliner Festspielen zu Gast. 

 

„In den ersten Filmversionen von ‚Café Müller‘ fällt auf, wie sehr die Akteure einander begehren. Die Körper streben zueinander, erahnen einander, die Finger suchen die Berührung. Das Theaterleben überschneidet sich mit dem Leben der Künstlerinnen und Künstler. Die Rollen scheinen auf das dichte Beziehungsgeflecht der Menschen zugeschnitten zu sein. Das hat mir Lust gemacht, das Stück an einem Abend zu zeigen, an dem die Liebe und das Begehren im Zentrum stehen. Ich dachte dabei an zwei Stücke ‚meines‘ Repertoires, die sich auch mit diesen Fragen beschäftigen. Es ist ein Versuch: den Tänzerinnen und Tänzern des Tanztheaters Wuppertal, die diese Stücke noch nicht interpretiert haben, die Möglichkeit zu geben, sich mit der spröden Subtilität von ‚Café Müller‘ und der ungezügelten Radikalität von ‚Aatt enen tionon‘ auseinanderzusetzen und dieses Duo aus dem Stück ‚herses (une lente introduction)‘ mit in vollkommener Vereinigung ineinander verschlungenen Körpern zu präsentieren. Es soll ein lebendiger Abend sein: Purcell trifft auf PJ Harvey, die zeitlosen Kostüme von ‚Café Müller‘ stehen im Kontrast zur Nacktheit von ‚Aatt enen tionon‘, die drei Stücke werden das Tanztheater Wuppertal 2024 in Schwingung versetzen!“

Boris Charmatz, März 2023


PROGRAMM

Café Müller (1978)

Pina Bausch – Inszenierung & Choreografie

Rolf Borzik – Bühnenbild und Kostüme

Marion Cito, Hans Pop – Mitarbeit

Henry Purcell – Musik

Dauer 40 min

 

Aatt enen tionon (1996)

Boris Charmatz – Choreografie

Yves Godin – Licht

Gilles Touyard – Gerüst

Hubertus Biermann, Olivier Renouf – Ton

PJ Harvey – Klangmaterial

Dauer 40 min

 

herses, duo

Duo aus „herses (une lente introduction)“ (1997)

Boris Charmatz – Choreografie

Yves Godin – Licht

Stefan Fraunberger– Musik

Dauer 15 min


Fotos im Hintergrund: Marcus Dallüge, (c) 2024