Romanadaption frei nach Mark Twain
Eine Theaterproduktion von aufBruch KUNST GEFÄNGNIS STADT
in der Jugendstrafanstalt Berlin
„´s ist ganz egal, ob man recht oder unrecht tut, das Gewissen hat überhaupt keine Vernunft und greift einen auf jeden Fall an.“
Mark Twain
Mark Twain schickt in seinem Roman „Die Abenteuer des Huckleberry Finn“ den jugendlichen Landstreicher Huck Finn und den entlaufenen Sklaven Jim auf eine abenteuerliche Reise den Mississippi hinunter. Denn beide sind auf der Flucht. Ihr Ziel ist Cairo, von hier fahren die Dampfer in die freien Staaten, in denen es keine Sklaverei mehr gibt. Während Huck Finn vor seinem gewalttätigen Vater und einer bigotten Gesellschaft flieht, will Jim der Sklaverei entkommen und seine Familie freikaufen. Die beiden müssen sich tagsüber verstecken und treiben nachts auf dem großen Strom ihrem Schicksal entgegen. Auf ihrer Reise treffen die beiden ungleichen Freunde auf Sklavenjäger, Hochstapler, falsche Pfarrer und weiße Farmer, die sich untereinander blutige Fehden liefern. Immer in Gefahr entdeckt zu werden, erkennen beide, dass sie auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen sind. Huck Finn muss sich eingestehen, dass Jim mehr ist, als bloß ein Ding, das Eigentum von Weißen Männern und Frauen. Diese Erkenntnis stürzt ihn in heftige Gewissensbisse, von der Moral seiner Zeit kann er sich nur lösen, indem er bereit ist in der Hölle zu schmoren.
aufBruch nähert sich dem Roman in der Übersetzung von Lore Krüger durch eine szenische Auswahl verschiedener Etappen dieser Reise. Am Vorabend des amerikanischen Bürgerkriegs stehen die beiden Outlaws gegen eine Welt, in der das Recht des Stärkeren Gesetz ist. Armut und Alkoholismus machen die Menschen hart gegen das Leid anderer. Sieger ist, wer seinen Schnitt macht. Die ökonomische Ursache der offen zur Schau gestellten Verachtung der Weißen gegenüber den schwarzen Sklaven ist nur eine Seite der Medaille gesellschaftlich anerkannter Gewalt. Auch unter den Weißen herrscht ein Kampf um gesellschaftlichen Status und ökonomische Dominanz. Doch gelten hier andere Regeln. Die weißen Figuren in Mark Twains Roman wissen, wann Empathie angebracht ist, um sich den Anschein sozialen Verhaltens zu geben. Das lernt man früh, doch kippen die Charaktere ins Soziopathische und Dissoziale, sobald sie von der Öffentlichkeit unbeobachtet ihre Interessen vertreten. Wirkliches Mitgefühl zu zeigen und danach zu handeln ist nur wenigen vergönnt und äußerst riskant.
KREATIVTEAM
Regie
Peter Atanassow
Bühne
Holger Syrbe
Kostüme
Melanie Kanior
Musikalische Leitung
Vsevolod Silkin
Choreographie
Ronni Maciel
Video
Pascal Rehnolt
Produktionsleitung
Sibylle Arndt
Regieassistenz
Flora Besenbäck
Produktionspraktikum
Ida Meinel
Grafik
Dirk Trageser
Gefangenenensemble von aufBruch in der JSA Berlin
Ahmad, Amsat, Arbi, Dima, Hamdi, Jaden, Mikael, Leo, Leonardo, Rashid Che, Sefa
Fotos im Hintergrund: Marcus Dallüge, (2022)