von Ödön von Horváth
In einer Fassung von Thomas Ostermeier und Florian Borchmeyer
Schaubühne am Lehniner Platz Berlin
Es ist Sonntag in der Kleinstadt. In ihrem Stammlokal bereitet sich die sozialdemokratische Ortsgruppe beim Kartenspiel auf ihre »Italienische Nacht« vor – ein »zwangloses gesellschaftliches Beisammensein« mit Musikeinlagen und Tanz, das »uns Genossen menschlich näherbringen« soll.
So zumindest träumt es sich der lokale Vorsitzende, Stadtrat Ammetsberger. Dass sich zeitgleich rechtsextreme Verbände aus dem ganzen Land im Ort zusammenrotten, um einen »Deutschen Tag« mit paramilitärischen Aufmärschen und bewaffneten Geländeübungen zu inszenieren, beunruhigt den Stadtrat und seine Getreuen wenig. Auch dass der Aktivist Martin aus dem linken Parteiflügel vor einer völkischen Machtübernahme warnt und zum Widerstand aufruft, wird von den Genossen abgewiegelt.
Man möchte sich von den Faschisten nicht beim Feiern stören lassen, und erst recht nicht von jungen Radikalen aus den eigenen Reihen. Auf eigene Faust versucht Martin nun, die Pläne der Gegner auszuspionieren. Dafür sendet er seine Freundin Anna los, um sich von Faschisten auf der Straße ansprechen zu lassen und ihnen so Informationen zu entlocken. Er »schickt sie auf den politischen Strich«, wie sein Mitgenosse Karl ihm vorwirft – der einstweilen die Feier lieber nutzt, um die politisch desinteressierte Leni »zu unseren Idealen zu bekehren«, wie er es nennt. Doch Martins Plan entgleitet, und bald wird klar: die Faschisten machen sich daran, die »Italienische Nacht« der Sozialdemokraten bewaffnet zu sprengen.
Zum dritten Mal in Folge – nach »Professor Bernhardi« und »Rückkehr nach Reims« beschäftigt sich Thomas Ostermeier in »Italienische Nacht« mit dem Aufkommen einer rechtsextremen Massenbewegung.
Ödön von Horváth vollendete sein »Volksstück in sieben Bildern« 1931 und beobachtete darin mit eindrucksvoller Schärfe nicht zuletzt auch, welchen Anteil am Zusammenbruch der Demokratie eine Linke hat, die die Realität der Gesellschaft ignoriert und sich in Parteikämpfen im eigenen Lager zerfleischt. Kaum zwei Jahre später musste Horváth Deutschland verlassen, nachdem im Anschluss an Hitlers Wahlsieg eine SA-Truppe sein Elternhaus stürmte.
KREATIVTEAM
Regie
Thomas Ostermeier
Bühne
Nina Wetzel
Kostüme
Ann Poppel
Musik
Nils Ostendorf
Dramaturgie
Florian Borchmeyer
Licht
Urs Schönebaum
BESETZUNG
Stadtrat
Bernd Hölscher / Hans-Jochen Wagner
Martin
Sebastian Schwarz
Karl
Christoph Gawenda
Leni
Veronika Bachfischer
Anna
Alina Stiegler
Wirtin
Traute Hoess
Adele
Marie Burchard
Kranz
David Ruland
Betz
Lukas Turtur
Engelbert
Johannes Flaschberger
Magdeburger
Konrad Singer
Faschist
Laurenz Laufenberg
Genossen von Martin
Juri Padel
Andrej Reimann
Benjamin Schroeder
Erste Prostituierte, Gattin
Annedore Bauer
Zweite Prostituierte, Gattin
Inga Wolff
MUSIKER
Martin Klingeberg
Nils Ostendorf
Thomas Witte
Fotos im Hintergrund: Marcus Dallüge, (c) 2018